30 Jahre Villa Kunterbunt
Vor 30 Jahren, am 20. August 1994, konnten wir mit einem grossen Fest unser neues Pfadiheim, die Villa Kunterbunt, einweihen.
In den zwei Jahren zuvor hatten unzählige Freiwillige enorme Einsätze geleistet: Pfadileiterinnen und -leiter aus dem Distrikt St. Georg, viele Ehemalige, Altpfadfinder und sogar eine Pfadigruppe aus Tschechien waren regelmässig nach Schwanden gereist, um am Haus zu arbeiten. Fast jedes Wochenende und während den Schulferien waren verschiedene Gruppen im Einsatz. Diese lange, intensive Zeit und die damit verbundenen Erlebnisse haben zu einer starken Verbundenheit mit unserer Villa geführt. So sind viele dieser Fronarbeitenden noch heute, 30 Jahre später, mit dem Haus und seinem Trägerverein verbunden, sei es als Mitglied oder sogar aktiv im Vereinsvorstand.
Text: Koni Müller/Chlüppli
Die Anfänge
Angefangen hat die Geschichte mit der Villa Kunterbunt schon im Frühjahr 1989. Damals war ich als J+S-Lagerbetreuer auf den Schwanderberg gekommen, weil die Pfadi Morgarten dort auf einem Zeltlagerplatz ihr Sommerlager plante. Da stand ich plötzlich vor diesem imposanten Gebäude und wusste im gleichen Moment: Das wäre ein Lager- und Kurs-Heim, wie wir es uns idealer nicht wünschen könnten! Mit der Distriktsleitung waren wir nämlich schon seit geraumer Zeit auf der Suche nach einem grösseren Heim für unsere Ausbildungskurse.
Zu der Zeit wurde das fast 100-jährige Haus von einer Privatperson als Wochenendhaus genutzt. Von dieser erfuhr ich, dass das Gebäude in sehr schlechtem Zustand sei und wohl demnächst abgebrochen werde. Als Mieterin durfte sie selbst nur noch das Erdgeschoss betreten, die Treppe und die oberen Stockwerke waren aus Sicherheitsgründen versperrt. Für weitere Auskünfte verwies sie mich an die Hausbesitzerin, die Gemeinde Schwanden.
Der Gemeinderat Schwanden reagierte sehr positiv auf unser Interesse und ermöglichte uns im Frühjahr 1990 eine eingehende Besichtigung. Mit ein paar Mitgliedern der Distriktsleitung und mit dem Architekten und Pfadivater Wendelin Züger gewannen wir den Eindruck, dass das Haus durchaus das Potential für eine erfolgreiche Renovation hätte. Nach weiteren Gesprächen und Begehungen mit Bau- und Finanzfachleuten zündete der Funke und die Distriktsleitung beschloss einstimmig, das Vorhaben umzusetzen.
Nun ging es nun darum, im Pfadidistrikt, aber auch in den Abteilungen und den Pfarreien Unterstützung und Begeisterung für das Projekt zu wecken. Anfänglich lief das etwas harzig und die Renovation dieser «alten Bude» wurde auch schon mal als Schnapsidee bezeichnet. Verschiedene Institutionen reagierten zwar verhalten positiv, wollten aber nicht die ersten Spender sein. In diesem Moment war der Einfluss des Altpfadfinder-Verbands St. Georg (APV) buchstäblich Gold wert. In Kürze standen 50’000 Franken zur Verfügung, um das Gebäude zu kaufen und weitere 50’000 Franken wurden uns als Grundkapital in Aussicht gestellt. Der damalige APV-Vorstand nutzte seine Verflechtungen mit den kirchlichen Institutionen und schon bald spürten wir eine sehr wohlwollende Behandlung unserer Gesuche.
Finanzierung und Renovation
Im Frühjahr 1992 gründeten wir den Verein Pfadiheim Schwanderberg «Villa Kunterbunt», der das Haus renovieren und dereinst betreiben sollte. Mit bald 200 Mitgliedern verfügten wir über eine tragfähige Basis für die Finanzierung, so dass der Baubeginn konkret wurde. In vielen Sitzungen und Begehungen planten wir im Vereinsvorstand die Renovation. Ende 1992 war dann das nötige Geld beisammen, so dass die Bauarbeiten im Frühjahr 1993 beginnen konnten. Bei einer symbolischen Grundsteinlegung mauerten wir eine Kassette mit Dokumenten und Fotos in die Aussenwand der Küche ein.
Wir hatten von Anfang an geplant, einen möglichst grossen Teil der Bauarbeiten und Materialien über das Pfadi-Beziehungsnetz zu beschaffen. Das gelang auch: So schenkte uns ein Schreiner sämtliche Innentüren, und für die Heizkörper konnten wir uns im Lager einer Heizungsfirma grosszügig bedienen. Ein Zürcher Gartenbauunternehmer stellte uns für drei Wochen einen Menzi-Muck inklusive Baggerführer zur Verfügung, und eine Gruppe von Malerlehrlingen samt Vorarbeiter stand für uns zwei ganze Wochen im Einsatz. Ein Team von Elektrikern aus verschiedenen Pfadiabteilungen erlernte sogar extra die Arbeit mit antiken Bleirohren und Keramikelementen, um die Installationen stilgerecht ausführen zu können. Zusammen mit den eingangs erwähnten Fronarbeits-Einsätzen konnten so gemäss einer Schätzung des Architekten fast 200’000 Franken eingespart werden!
Geschätzt und berühmt
Nach dem Einweihungsfest wurde das Haus sogleich rege benützt. Schon im ersten ganzen Betriebsjahr 1995 kamen 43 Gruppen auf den Schwanderberg.
Spätestens im Sommer 2022 wurde die Villa Kunterbunt schweizweit bekannt, als sie der Sonntagsblick anlässlich des Bundeslagers in einem grossen Artikel als eines der vier «ausgefallensten Pfadiheime der Schweiz» präsentierte.
Schäden und Reparaturen
Schon bald nach der Fertigstellung mussten wir aber feststellen, dass ein so altes Haus immer wieder Reparaturen und Ausbesserungen benötigt. Im Herbst 1996 waren nämlich plötzlich riesige Fruchtkörper des gefürchteten Hausschwamms durch Boden und Wände im Eingangsbereich eingedrungen. In der Folge musste ein grosser Teil des pilzbefallenen Holzes ersetzt und die Hinterlüftung verbessert werden. Seither hat sich dieser üble Geselle nicht mehr bemerkbar gemacht.
Auch zeichte sich ab, dass die vom Glarner Gewässerschutz geforderte Kanalisation den Anforderungen in keiner Weise genügte. Die Leitung, die quer durch ein aktiv rutschendes Tobel führte, verstopfte und riss regelmässig. Und das oberhalb von Quellwasserfassungen der Gemeinde Schwanden! Nach unzähligen Spül- und Flickeinsätzen konnten wir 2005 endlich eine Kleinkläranlage neben dem Parkplatz realisieren. Mit Versickerungsversuchen war der ideale Standort ermittelt worden. Interessanterweise war dies genau jene Stelle, wo schon die Erbauer des Hauses vor 100 Jahren die flüssigen Abwässer in die Umwelt entlassen hatten! Heute weist die Kläranlage regelmässig äusserst gute Werte auf: Was dort versickert, hat die Qualität von Trinkwasser! Dies verdanken wir auch der sorgfältigen Wartung durch unsere Heimwarte, denn die Anlage muss einmal pro Jahr ausgepumpt und die Rückstände müssen mit einem Tankwagen in die ARA Bilten abgeführt werden.
Ein weiteres Problem war die abnehmende Isolationswirkung der Aussenwände. Weil sich der Isolationsschaum in den Zwischenräumen des Ständerbaus über die Jahre zusammengezogen hatte, pfiff nun der Wind durch die Wände! Um dies zu beheben, musste die ganze Fassade geöffnet, das Haus neu isoliert und die Wände neu geschindelt werden. Daher rührt auch der kleine Farbunterschied zwischen dem alten Holzbau und dem neuen, gemauerten Anbau für die Nasszellen.
Nachwirkungen…
Bereits vor der Villa Kunterbunt war der Pfadidistrikt an zwei anderen Pfadiheimen beteiligt gewesen: Zusammen mit der Pfarrei Dreikönig am «Mühlebächli» und mit der Pfarrei Kloten am «Birchli». Beide Vereine hatten zunehmend Mühe mit der Verwaltung ihrer Häuser, so dass man über eine Zusammenlegung zu diskutieren begann. Im Oktober 2001 kam es schliesslich zur Fusion der drei Vereine zum neuen «Verein Pfadiheime St. Georg». Dieser Verein wirtschaftet heute dank der tollen Arbeit seines Vorstandes und seiner Verwaltung so erfolgreich, dass nun ein viertes Heim, das Haselhaus in Biberstein dazu kommen kann.