Interview – Unsere Heime nach der Pandemie
Nach zwei aussergewöhnlichen Jahren ist bei unseren Pfadiheimen im 2022 wieder etwas Normalität zurückgekehrt. Im Interview mit Christian Morger / Smily erfahren wir, wie er als Heimverwalter die Zeit während und nach der Pandemie erlebt hat und wie es um unsere Heime heute steht.
Interview: Christian Kaiser / Murmel
Smily, Du bist unser Heimverwalter. Wie lange machst Du das schon und wie bist Du dazu gekommen?
Mein älterer Bruder Martin/Pixel war früher der Heimverwalter. Manchmal hatte ich während seinen Ferien ausgeholfen. Als er dann 2007 sein Amt abgeben wollte, habe ich es übernommen. Die ersten Jahre teilte ich die Arbeit mit Merlin, meinem Pfadi- und damaligen WG-Kollegen, doch dieser hörte Ende 2014 auf und seither mache ich es allein.
Weil die Arbeit als Heimverwalter viel zu tun gibt, machst Du das nicht ehrenamtlich als Vorstandsmitglied, sondern bist vom Verein angestellt. Wieviel Arbeit gibt Dein Job?
Das ist schwierig zu sagen, denn die Arbeiten sind sehr zyklisch. Vor allem im November/Dezember, wenn überall die Jahresplanungen stattfinden, erhalte ich sehr viele Reservationsanfragen. Da gibt es Wochen, wo ich jeden Abend eine Stunde am Computer verbringe, um Verträge zu erstellen und E-Mails zu beantworten. Telefonische Anfragen erledige ich auch tagsüber, aber die meiste Kommunikation erfolgt zum Glück über E-Mail.
Ein zweiter Peak ist in den Sommerferien, wenn die Klassenlager vom Folgejahr geplant werden. Die Sommer- und Herbstsaison ist dann auch jene mit den meisten Belegungen, die es abzurechnen gilt. Hingegen ist es dann im Januar und Februar eher ruhig. Quartalsmässig erstelle ich zudem die Abrechnungen unserer Heimwarte, die Parahotelleriestatistik (Tourismusstatistik vom Bundesamt für Statistik) und die Kurtaxenabrechnungen der Kantone. Übers Jahr ergibt sich so gut und gerne ein 20% Pensum.
Wie hat sich Deine Arbeit während der Corona-Pandemie verändert?
Es verlief alles in Wellen: Zuerst war die Lage lange noch normal, sogar im Februar 2020 wurden noch Buchungen getätigt. Mit den ersten Corona-Massnahmen kam dann die erste Stornierungswelle, wo vor allem die Buchungen des nächsten Monats abgesagt wurden. Wir haben darauf sehr rasch reagiert, indem wir unsere Stornierungsbedingungen angepasst und den Reservationskalender von 18 auf 30 Monate erweitert hatten. Damit konnten wir erreichen, dass die Leute ihren Anlass nicht einfach stornieren mussten, sondern ohne Mehrkosten auf eine spätere Zeit verschieben konnten.
Ab dem Frühjahr 2020 benötigten wir ein Sicherheitskonzept für unsere Pfadiheime, welches regelmässig auf die aktuellen Vorgaben vom Bund angepasst werden musste. Natürlich mussten auch immer wieder alle zukünftigen Mieter entsprechend informiert werden. Aufgrund der Einschränkungen standen aber im Frühling und Sommer alle Heime weitgehend leer. Da die Besucherzahl auf wenige Personen beschränkt war, gab es nur ein paar wenige Belegungen von Familien, die den Aufenthalt im Pfadiheim nutzten, um für eine Weile aus der Enge ihrer Wohnung auszubrechen.
Die Situation änderte sich erst im Spätsommer 2021 mit der Einführung der Zertifikatspflicht. Diese brachte den Leuten Planungssicherheit und nun wurden viele Buchungen nachgeholt, wenn auch mit kleineren Gruppen. Im Winter 2021/22 häuften sich dann nochmals die Absagen bzw. Verschiebungen. Einige Mieter schoben ihre Belegung bereits zum zweiten oder dritten Mal nach hinten.
Wie konntest Du all diese ungeplanten Dinge administrativ bewältigen?
Wir hatten zum Glück anfangs 2020 unser neues Heimverwaltungssystem in Betrieb genommen. Dank diesem konnte der hohe administrative Aufwand überhaupt bewältigt werden. Mit der alten Software wäre das definitiv nicht möglich gewesen, denn damals mussten noch alle Verträge von Hand erstellt werden und alle Korrespondenz wurde in Papierform abgewickelt. Mit dem neuen System haben wir vieles automatisiert, digitalisiert und konnten z.B. bei einer Stornierung die Anzahlung einfach von einer Buchung auf eine andere übertragen.
Und wie war die Situation in diesem Jahr [2022]?
Als sich schliesslich im Frühling 2022 abzeichnete, dass die behördlichen Massnahmen bald aufgehoben würden, gab es einen regelrechten Ansturm auf unsere Heime und im Nu waren all unsere Häuser wieder voll. Dieses Jahr waren unsere Heime sogar überdurchschnittlich belegt, da es offensichtlich ein grosses Nachholbedürfnis gab.
Das ist ja sehr erfreulich!
Ja, es zeigt, dass das Bedürfnis für Lager und Anlässe ungebrochen gross ist. Auch waren dank unseren liberalen Stornierungsbedingungen rund drei Viertel aller von Corona betroffenen Buchungen verschoben und nur ein Viertel abgesagt worden. Das hat uns sicher geholfen.
Wie sieht es mit den Buchungen fürs nächste Jahr [2023] aus?
Da sind wir bereits heute wieder auf dem Niveau des langjährigen Durchschnitts. Die Buchungen fürs 2023 wurden aber tendenziell früher getätigt als noch vor der Pandemie.
Wird diese Pandemie bleibende Auswirkungen auf unsere Heime und Deine Arbeit haben?
Nein, ich glaube nicht. Die Stornierungsbedingungen werden wir vorerst noch beibehalten, aber gelegentlich wieder auf die alte Version zurückwechseln, damit auch wir als Verein wieder eine grössere Planungssicherheit haben werden. Das Einzige, was bleibt, sind wohl ein paar zusätzliche Features in der Heimverwaltungs-Software: Diese war ja gleich nach der Einführung einem wahrlichen Stresstest ausgesetzt worden und musste mit all den Verschiebungen und Umbuchungen umgehen können. Wir alle haben in dieser Zeit gelernt, dass man flexibel sein muss, um sich rasch an geänderte Umstände anpassen zu können. Mit unserem aktiven Vorstand und der neuen Verwaltungssoftware sind wir zum Glück bestens dafür gerüstet.